Weshalb brauchen wir Carbon Removal?

Es besteht kein Zweifel, dass die Auswirkungen des Klimawandels immer gravierender werden. Die Menschheit hat bereits beispiellose und irreversible Umweltschäden verursacht, und wir setzen weiterhin grosse Mengen an Treibhausgasen (THG) in die Atmosphäre frei. Die globalen Temperaturen sind bereits um mehr als 1,0℃ im Vergleich zu den vorindustriellen Werten* gestiegen, und wir steuern auf eine weitere Erwärmung und Schädigung der Umwelt zu [1], [2]. Es ist klar, dass wir unsere Emissionen drastisch reduzieren müssen, aber darüber hinaus müssen wir auch damit beginnen, aktiv Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu entfernen – ein Prozess, der als Carbon Removal bekannt ist.

Die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2°C und vorzugsweise auf 1,5°C wurde zum globalen Ziel, als sich 196 Länder im Jahr 2015 zum Pariser Abkommen verpflichteten [3]. Wissenschaftler gehen davon aus, dass eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2°C die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels begrenzen würde. Der Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC), das führende wissenschaftliche Gremium auf dem Gebiet des Klimawandels, kam zu dem Schluss, dass wir, um diesen Temperaturanstieg zu begrenzen, unsere Emissionen massiv reduzieren und bis 2050 Netto-Null-Emissionen erreichen müssen. Das bedeutet, dass alle verbleibenden Emissionen durch die gleiche Menge negativer Emissionen ausgeglichen werden müssen.

Um wie viel müssen wir also die Emissionen reduzieren? Nach Angaben des IPCC müssen die globalen Emissionen bis 2050 auf insgesamt 420 Gigatonnen begrenzt werden. Dies wird als Kohlenstoffbudget bezeichnet. Das mag zunächst nach viel klingen, bedeutet aber, dass der angestrebte Fussabdruck einer einzelnen Person maximal etwa 1,5 Tonnen pro Jahr beträgt**. Zum Vergleich: 1,5 Tonnen CO2e entsprechen in etwa der Klimabelastung, die ein typischer Hinflug in der Economy Class von Zürich nach New York verursacht [4]. In der Schweiz stösst eine durchschnittliche Person rund 14 Tonnen CO2 pro Jahr aus [5], das heisst, wir haben noch einen weiten Weg vor uns, um den angestrebten Fussabdruck zu erreichen. Bei den derzeitigen Emissionsraten würden wir das weltweite Kohlenstoffbudget in nur zehn Jahren aufbrauchen.

Auch wenn wir viele Methoden haben, um unsere Emissionen zu reduzieren, sind wir dennoch nicht auf dem Weg zu null Emissionen. In vielen Industriesektoren wie dem Verkehr und dem Baugewerbe wird es äusserst schwierig sein, die Emissionen in naher Zukunft auf Null zu reduzieren. Viele dieser Industriezweige wachsen noch immer und haben auch noch nicht die Instrumente für eine ausreichende Dekarbonisierung entwickelt. Die derzeitigen Emissionstrends deuten darauf hin, dass bis 2050 weiterhin erhebliche Emissionen ausgestossen werden. Auch in unserem persönlichen Leben wird es schwierig sein, unsere Emissionen in absehbarer Zeit auf das Ziel von 1,5 Tonnen zu reduzieren. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir nicht in der Lage sein werden, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Um trotzdem auf dem Weg zu Netto-Null-Emissionen zu bleiben, müssen wir beginnen, negative Emissionen durch Kohlenstoffabbau zu erzeugen (siehe Abbildung). Der IPCC analysierte diverse Szenarien, wie wir die globale Erwärmung auf deutlich unter 2℃ begrenzen können, und stellte fest, dass das nur durch den EInsatz von Carbon Removal gelingen kann [1]. Die aus dieser Szenarioanalyse resultierende Abbildung zeigt die drastische Emissionsreduktion (blau) sowie den Aufbau massiver Kohlenstoffabbaukapazitäten (violett), welche zur Erreichung unserer Klimaziele erforderlich sind.

Abblidung basierend auf IPCC 2018 [1] und Swiss Re Institute 2021 [8]

Ein weiterer Grund, warum der Einsatz von Carbon Removal unerlässlich ist, liegt darin, dass wir bereits zu viel CO2 ausgestossen haben. Der IPCC stellt fest, dass wir nach 2050 netto-negative Emissionen benötigen (mehr Kohlenstoff aus der Atmosphäre entfernen als ausgestossen), um die Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen. Das CO2, welches sich bereits in der Atmosphäre befindet, wird nämlich unser Klima weiterhin beeinflussen. Selbst wenn alle Emissionen sofort gestoppt würden, würden die globalen Temperaturen weiter ansteigen [6],[7]. Daher muss die Carbon-Removal-Industrie in der Zukunft in der Lage sein, unsere historischen Emissionen zu beseitigen.

Es gibt bereits viele Methoden, um Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu entfernen, von naturbasierten Methoden bis hin zu technologischen Methoden (lesen Sie hier mehr über Technologien für negative Emissionen). Aber die Carbon-Removal-Industrie ist bei weitem nicht so gross, wie sie sein müsste, um unsere verbleibenden und historischen Emissionen zu kompensieren, damit die Welt bis 2050 Netto-Null-Emissionen erreichen kann. Experten gehen davon aus, dass die Carbon-Removal-Industrie die Grösse der heutigen Öl- und Gasindustrie erreichen muss, um genügend Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu entfernen [8]. Ein solches Wachstum ist aber nicht von heute auf morgen möglich, deshalb müssen wir jetzt handeln, um sicherzustellen, dass die Branche die nötige Grösse erreicht.

Carbon Removal ist nicht länger optional. Wir müssen sicherstellen, dass wir auf dem Weg zu Netto-Null-Emissionen sind und über die notwendigen Kapazitäten verfügen, um historische Emissionen aus der Atmosphäre zu entfernen. Es ist jetzt an der Zeit, der Carbon-Removal-Industrie zum Wachstum zu verhelfen.

Hier kommt Azolla ins Spiel! Wir haben Azolla gegründet, um die Entwicklung der Carbon Removal-Industrie zu fördern, indem wir jedem und jeder die Möglichkeit geben, sowohl etablierte als auch neue Carbon-Removal-Prozesse zu unterstützen. Unser Ziel ist es, eine Reihe verschiedener Technologien zur Kohlenstoffentfernung zu unterstützen, um den verschiedenen Projekten zu helfen, sich zu entwickeln und die weltweite Carbon-Removal-Kapazität zu erhöhen. Wir glauben, dass wir gemeinsam nicht nur unsere eigenen, schwer zu vermeidenden Emissionen kompensieren können, sondern auch eine wichtige Rolle dabei spielen, als globale Gemeinschaft Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Unterstütze unsere Carbon-Removal-Projekte hier und hilf uns, den Klimawandel zu bekämpfen!

*» Vorindustrielles Niveau» bezieht sich auf den Durchschnitt zwischen 1850 und 1900, wie vom IPCC beschrieben.

** Globales Kohlenstoffbudget pro Person

  • Zwischen 2020 und 2050 liegt eine Zeitspanne von 30 Jahren
  • Die Weltbevölkerung im Jahr 2020 beträgt 7,7 Milliarden Menschen
  • Die Weltbevölkerung im Jahr 2050 wird auf 9,9 Milliarden Menschen geschätzt.
  • Die durchschnittliche Weltbevölkerung zwischen 2020 und 2050 beträgt demnach 8,8 Milliarden Menschen
  • 420 Gigatonnen / 8,8 Milliarden Menschen / 30 Jahre = rund 1,5 Tonnen

Literatur:

[1] Allen, M.R., O.P. Dube, W. Solecki, F. Aragón-Durand, W. Cramer, S. Humphreys, M. Kainuma, J. Kala, N. Mahowald, Y. Mulugetta, R. Perez, M.Wairiu, and K. Zickfeld, 2018: Framing and Context. In: Global Warming of 1.5°C. An IPCC Special Report on the impacts of global warming of 1.5°C above pre-industrial levels and related global greenhouse gas emission pathways, in the context of strengthening the global response to the threat of climate change, sustainable development, and efforts to eradicate poverty [Masson-Delmotte, V., P. Zhai, H.-O. Pörtner, D. Roberts, J. Skea, P.R. Shukla, A. Pirani, W. Moufouma-Okia, C. Péan, R. Pidcock, S. Connors, J.B.R. Matthews, Y. Chen, X. Zhou, M.I. Gomis, E. Lonnoy, T. Maycock, M. Tignor, and T. Waterfield (eds.)]. In Press.

[2] IPCC, 2021: Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Masson-Delmotte, V., P. Zhai, A. Pirani, S. L. Connors, C. Péan, S. Berger, N. Caud, Y. Chen, L. Goldfarb, M. I. Gomis, M. Huang, K. Leitzell, E. Lonnoy, J. B. R. Matthews, T. K. Maycock, T. Waterfield, O. Yelekçi, R. Yu and B. Zhou (eds.)]. Cambridge University Press. In Press.

[3] Pariser Agreement <https://unfccc.int/sites/default/files/english_paris_agreement.pdf

[4] Includes direct CO2 and other greenhouse gas emissions as well as the effects of radiative forcing. Atmosfair <https://www.atmosfair.de/de/kompensieren/flug/>

[5] WWF Schweiz CO2 Fussabdruck Rechner <https://www.wwf.ch/de/nachhaltig-leben/footprintrechner>

[6] Ricke, Katharine & Caldeira, Ken. (2014). Maximum warming occurs about one decade after a carbon dioxide emission. Environmental Research Letters. 9. 10.1088/1748-9326/9/12/124002

[7] Zickfeld, Kirsten & Herrington, Tyler. (2015). The time lag between a carbon dioxide emission and maximum warming increases with the size of the emission. Environmental Research Letters. 10. 10.1088/1748-9326/10/3/031001. 

[8] M. Repmann, O. Schleske, D. Colijn, S. Prasad, Swiss Re Institute, The insurance rationale for carbon removal solutions. July 2021 <https://www.swissre.com/institute/research/topics-and-risk-dialogues/climate-and-natural-catastrophe-risk/expertise-publication-carbon-removal-technologies.html>

Dara Colijn
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